Für private Verkäufer ist der digitale Marktplatz EBay seit dem 1. März 2023 kostenfrei. Der Verzicht auf Kosten für das Einstellen von Artikeln und Verkaufsprovisionen machte EBay für private Verkäufer deutlich attraktiver und schuf damit nicht nur eine Möglichkeit den Verkauf von Gegenständen an zuvor unbekannte Käufer, sondern auch eine, um zum Beispiel den Besitzübergang von Gegenständen im Freundes- oder Verwandtenkreis ohne aufwändige schriftliche Verträge sauber zu dokumentieren. Statt dem Freund für sein altes Handy einen Geldschein in die Hand zu drücken und um Zweifelsfall keinen Beleg für die Transaktion zu haben, konnte der das Handy bei EBay anbieten und der Käufer es – zur Sicherheit mit einem kleinen Aufschlag auf den Preis, den Fremde bezahlen würden – erwerben. Auch die Zahlungsabwicklung über den Marktplatz und die klare Zuordnung von Kauf und Zahlungseingang waren eine gute Gelegenheit. Zwar brauchte man bis zur Auszahlung immer ein paar Tage Geduld – doch der Vorteil im Falle eines Falles Kaufzeitpunkt und -preis belegen zu können, wog dies für viele Käufer und Verkäufer auf. Als positiver Nebenaspekt summiert EBay die Zahl der Verkäufe und den „Ertrag“ und informiert entsprechend der gesetzlichen Regelungen die Finanzverwaltung, sodass auch steuerlich alles im grünen Bereich ist.
Im Falle eines Falles – eine Falle
Wenn die Einrichtung eines neuen Smartphones ansteht, dann greift man gerne auf die Dienste eine vertrauenswürdige Person zurück, die nicht nur die passende Hardware aussucht und kauft, sondern auch die Daten vom alten Gerät überträgt und das neue mit allen Apps einrichtet. Und einem am Ende sagt, wie viel Aufwand es war und was das Gerät mit der Einrichtung in Summe kostet. Gesagt. Getan. Einen „Kaufpreis“ ausgemacht und das Gerät über EBay verkauft. Bezahlt. Geliefert. Alle zufrieden. Bis auf EBay. Am 20. Juli erreichte die Verkäuferin eine Nachricht mit dem Betreff „Bitte aktualisieren Sie noch einige Angaben für Ihr eBay-Konto“ und der Ankündigung Auszahlungen bis zum 17. August einzubehalten. Fünf Tage später gleich zwei E-Mails: Eine verkündet: „Wir hatten ein Problem mit dem eBay-Konto eines Käufers“ und teilt mit, dass der bereits abgeschlossene Verkauf „abgebrochen“ wurde, verbunden mit der Aufforderung, den bereits gelieferten und bezahlten Artikel nicht zu liefern und jegliche Kommunikation mit dem Käufer abzubrechen. Und zehn Minuten davor die dauerhafte Sperrung des eigenen eBay-Kontos, da es für die eBay-Community ein Risiko darstelle. Gründe dafür nennt eBay nicht – und erklärt auch in keiner Weise, wo das Risiko für die Community oder ein evtl. Regelverstoß liegen könnte.
eBay will das Geld einbehalten
Auf ein Konto bei eBay kann man verzichten. Auf den bereits bezahlten Betrag für das Smartphone wohl weniger. Dazu verkündet eBay am 5. August 2024 nach zahlreichen E-Mails: „Ich bitte um Ihr Verständnis, dass wir bei einer Einschränkung oder Sperrung eines Mitgliedskontos dessen Gelder 170 Tage oder länger einbehalten.“ Und, dass obwohl sowohl Verkäuferin als auch Käufer eBay schriftlich bestätigt haben, dass das Gerät geliefert wurde. In diesem Fall hätte die Verkäuferin einen Anspruch auf das Geld – und das nicht in mehr als fünf Monaten. Falls eBay der Ansicht ist, dass der Verkauf nicht gültig ist und rückabgewickelt werden muss, müsste der Käufer das Geld zurückbekommen und die Verkäuferin das Gerät. Auch das nicht nach mehr als fünf Monaten auf dem eBay-Firmenkonto. eBay sieht darin kein Problem: „Ihre Beschwerde ist jetzt geschlossen“ teilt man mit. Und möchte das Geld 170 Tage oder länger behalten. Zurückbekommen konnte man den per PayPay bezahlten nur, indem das Smartphone zurückgegeben wurde, dies schriftlich bestätigt wurde und dann ein Fall bei PayPal eröffnet wurde. Dann ging alles ganz schnell. Die Verkäuferin konnte per Mausklick bestätigen, dass die Ware zurück und der „Fall“ berechtigt ist – und schon war das Geld wieder da. Innerhalb von Stunden – nicht nach 170 Tagen oder länger.
Ein Fall von Sippenhaftung?
Die Plicht der Verwandtschaft für die wahre oder vermeintliche Schuld von Angehörigen einzustehen, war im Mittelalter ein Bestandteil des deutschen Rechts. Mit aktuellem deutschen Recht hat dies aber nichts zu tun. Schuldprinzip und Verschuldenshaftung knüpfen an die einzelne Person an – nicht an die ganze Sippe. eBay hat zeitlich in unserem Fall auch das Konto von zwei an der Transaktion nicht beteiligten Verwandten gesperrt. Auch hier ohne Erklärung warum. Vielleicht schlummert irgendwo in den tiefen der eBay-AGB eine Klausel, die dazu berechtigt? Oder doch Sippenhaftung? Man wüsste es gerne, doch eBay hüllt sich in Schweigen.
Falsche Versprechen toleriert
Interessant ist, wie unterschiedlich eBay Dinge bewertet. Vor einigen Monaten bot ein kommerzieller Händler auf dem Marktplatz Nahrungsergänzungsmittel mit Geld-zurück-Garantie an. Ein gutes Argument, diese auszuprobieren. Nach mehr als vier Monaten der Einnahme hatte sich immer noch keine Wirkung eingestellt. Doch die Geld-zurück-Garantie? Der Händler schreibt, er könne nach 90 Tagen über eBay keine Erstattung vornehmen. Von einer Erstattung außerhalb von eBay will er nichts wissen. Und eBay? Der Marktplatz kann bis heute in diesem Fall keine Lösung anbieten. Der Händler ist bis heute auf der Plattform aktiv – und wirbt weiter mit seiner „100% GELD-ZURÜCK-GARANTIE“…
Die Macht der Marktplätze
Je relevanter ein Marktplatz für Käufer und Verkäufer ist, umso wichtiger ist es, dass dieser transparent handelt und sein Tun erklärt. Man stelle sich vor, nicht nur eBay, sondern auch andere Anbieter wie Amazon, Google oder ChatGPT würden Accounts ohne Erklärung und relevanten Anlass dauerhaft schließen und auch die Eröffnung neuer untersagen. Dann hätten diese ein Druckmittel gegen ihre Vertragspartner in der Hand, das aus meiner Sicht unverhältnismäßig wäre. Das beste Argument für eine deutliche Regulierung von großen Onlineanbietern liefern diese in der Regel selbst. Lösungen können neben Gesetzen aber auch neutrale Schlichtungsstellen sein, die dafür sorgen, dass Streitfälle kostengünstig und einvernehmlich geregelt werden, ohne damit die ordentlichen Gerichte zu belasten.
(SMC)