Der Abend beginnt spannend. Gut eine halbe Stunde vor Veranstaltungsbeginn sammeln die ersten Gäste vor der verschlossenen Tür des Maxhauses. „Ist hier der Klosterhof?“, höre ich fragen. Andere schauen durch die Fenster des um diese Zeit menschenleeren Gebäudes. Als die Tür sich schließlich öffnet und große Grenzgang-Werbeaufsteller zu sehen sind, sind die meisten beruhigt. Bis zum Veranstaltungsbeginn finden sich knapp 50 Gäste im liebevoll dekorierten, geheizten und überdachten Innenhof des Gebäudes ein. Wer rechtzeitig da ist, kann die Gelegenheit nutzen für einen Rundgang durch das Gebäude. Selbst auf dem Weg zur Toilette im Untergeschoss stößt man auf sehenswerte Exponate. Im Innenhof hat das Gastronomie-Team um Oliver Neuhoff 2er- und 4er-Tische aufgestellt. Auf den weißen Tischdecken glitzert das Tafelsilber. Kerzen flackern. So können die Gäste ungestört mit ihrer jeweiligen Begleitung plaudern und die bei den eifrigen Kellnern bestellten Getränke genießen. Bevor es richtig losgeht, überrascht man die Gäste mit einem Gruß aus der Küche. Die mild gewürzten Antipasti sind ein guter kulinarischer Auftakt für den Abend.
„Seit ich denken kann, bin ich der Schokolade verfallen“, führt der Moderator in den Abend ein. Dann gehört die Bühne Jürgen Bluhm. In seiner Heimatstadt nutzt er die Gelegenheit eine Menge über Schokolade zu erzählen und sein Wissen über Geschichte, Herstellung und Verwendung und Genuss zu teilen. Gleich zu Beginn verspricht er, eine Schokoladenfrucht aus Ecuador zu öffnen, Kakaobohnen zum Probieren und eine kulinarische Weltreise mit geschlossenen Augen. Doch dann beginnt erst einmal die kurzweilige Information. „Wo der Wein nicht wächst, wächst die Schokolade“, erzählt Jürgen Bluhm und präsentiert eine abwechslungsreiche Mischung aus Videos und Fotos aus den Tropen. Rund um den Amazonas gab es einst unzählige Kakaobäume. Im Dschungel mussten die oft nur 10 Meter hohen Bäume mit viel höheren Pflanzen um das Licht konkurrieren. Deshalb entwickelten sie besonders bewegliche Blattgelenke. Jeder einzelne Baum trägt bis zu 50.000 Blüten, von denen nur ein kleiner Teil zu den bis zu einem Kilogramm schweren, direkt am Stamm wachsenden, Kakaofrüchten heranwächst. Eine davon schlägt Jürgen Bluhm später mit einer messerscharfen Machete entzwei. Dann können die Gäste mit kleinen Löffeln Fruchtfleisch und Kerne probieren. Gerade im Januar sei es gar nicht einfach, eine solche Frucht zu beschaffen. Zudem sei sie mit 35 Euro aktuell sehr teuer.
100 Tafeln Schokolade verzehrt jeder Deutsche im Jahr. Ein kleiner Teil davon wurde auch in der Küche des Bistros im Klosterhof verarbeitet. Als Vorspeise gibt es halbroh gebratenen Thunfisch an Schokoladen-Ingwer-Gelee. Die intensiv-aromatischen Würfel geben dem Fischgericht eine besondere Note. Während manche Gäste beides kombinieren, genießen andere das scharfe Schokoladengelee lieber einzeln. Als Hauptgang gibt es später Wildragout mit Schokoladengnocchi mit gelber Mohrrübe. Die Aromen der Schokolade harmonieren mit dem meist zarten Fleisch und den in der großzügig verteilten dunklen Sauce schwimmenden Gnocchi. Ein echter Genuss ist zum Abschluss des Abends auch der warme Schokoladenkuchen in süßer, weißer Schokoladensauce. Doch bevor der auf dem Tisch steht, gibt es noch viel zu entdecken. Dazu gehören auch fermentierte und getrocknete Kakaobohnen. Diese kann man zum Beispiel über einen Salat raspeln oder sie pur knabbern. Dann lohnt es sich ein Getränk in der Nähe zu haben, denn der Geschmack wird von manchen Gästen als staubtrocken empfunden. Trotzdem ist es eine Erfahrung wert – manche Gäste sind sogar so begeistert, dass sie gleich mehrere Bohnen verkosten.
Im zweiten Teil des Abends geht es um Mittelamerika. Dort haben die Maya rund um den Golf von Mexiko Gefallen an der Kakaobohne gefunden. Das Volk lebte wo möglich im Einklang mit der Natur und baute seine Tempel deshalb auch nur so hoch wie die umgebenden Bäume. Die Kakaobohne war für die Maya nicht nur Nahrungs- und Genussmittel, sondern auch Währung. So kam es sogar vor, dass Kakaobohnen gefälscht wurden. Verwendet wurde der Kakao damals ausschließlich als Trinkschokolade. In Verbindung mit Chili, Honig, Mais und anderen Zutaten entstand ein nahrhaftes aber bitteres Getränk. Die Produktion von Schokolade, wie wir sie heute kennen wurde erst viel später möglich durch die Erfindung der Kakaopresse und schließlich durch das von Rudolph Lindt entdeckte Conchieren, bei dem Bitterstoffe entfernt werden. Auch die Produktion der heutigen Schokolade wird beim Grenzgang Schokoladen-Dinner vorgestellt. Reinigen, Rösten, Mischen, Walzen und Conchieren sind nur einige der Schritte, die aus der Kakaobohne eine köstliche Schokolade machen. Dass die sehr unterschiedlich schmecken kann, bewies Jürgen Bluhm bei der kulinarischen Weltreise. Er lud dazu ein, Schokoladen aus Peru, Westafrika, Indonesien und der Dominikanischen Republik zu verkosten. „Schokolade muss in erste Linie schmecken“, verkündete er und erklärte dann die Verkostung. Zunächst solle man die Schokolade anschauen, dann daran schnuppern, schließlich das Geräusch beim Brechen der Schokolade hören und das Stückchen dann auf der Zunge schmelzen lassen. So vorbereitet waren die Gäste des Schokoladen-Dinners überrascht wie unterschiedlich die vier auf den ersten Blick sehr ähnlichen Tafeln schmecken. Karten für die nächsten Grenzgang-Reisedinner zum Preis von 72,90 Euro gibt es telefonisch (0221/71991515) und über Internet. Demnächst stehen Nordindien, Myanmar, Südengland und die Region entlang der Donau auf dem Programm.
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