21. Jun. 2025

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Das Leben ist kompliziert. Schon der Kaffeekauf bei Starbucks wird zu einer Wissenschaft. Florian Schröder stellt fest, dass die lange Schlange nötig ist, damit man genug Zeit hat, die Karte zu lesen. Selbst wehrt er sich gegen die große Auswahl. Gegen das Können wenn man wollte. „Einen kleinen Kaffee bitte" schockiert er die Verkäuferin und schmunzelt über die Sprache der unzähligen Möglichkeiten, in der alles offen blieben kann und soll. In einer anderen Geschichte erzählt Schröder von der Gestaltung des ersten Dates. Kino ist ihm zu langweilig. Deshalb trifft man sich in einem Restaurant, wo Schröder sich als Weinkenner ausgibt um sein Date zu beeindrucken. Im Gespräch überlegt er seine Beziehungsbilanz zu frisieren und ist von ihrer Diskussionsfreudigkeit und ihrem Kleinmädchengehabe abgeschreckt. „Der Spaß kommt erst nach der Sicherheit“ bilanziert Schröder und erzählt von Versprechungen, die wir nicht halten wollen.

Ein Philosophiestudium gilt heute als Luxus oder Ausdruck einer schwierigen Kindheit. Schröder erzählt von unmotivierten Dozenten und langen Wartezeiten und einer an die Bedingungen in der Uni angepassten Generation. Die Bologna-Reform gilt als Bedrohung für Langzeitstudenten und der Wunsch kantig zu sein ohne anzuecken als Ideal. Doch das ist gar nicht leicht, wenn sogar der Rektor Verständnis hat für einen Bildungsstreik. Protest ist ein Event geworden zwischen den Gummiwänden des Verständnisses. Grund zum Lachen bietet da nur noch ein Freund, der beruflich als Coach aktiv ist. „Was Du selbst nicht kannst bringst du anderen bei“ scheint das Motto des Coach-Potatos zu sein, der zudem eine schlechte Meinung über seine Kunden hat. Geschickte aus dem Berufsleben, über das Heiraten als Party-Schwanzvergleich und Marktwirtschaft und Liebe sind ebenfalls Teil des Programms.

Die zweite CD erzählt vom Hang Dinge aufzuschieben. Youtube und Facebook kommen vor der eigentlichen Arbeit. Die Erkenntnis, dass „Bundeskanzlerin“ aus den gleichen Buchstaben besteht wie „Bankzinsenluder“ belastet den Kopf. Florian Schröder macht sich lustig über Werbebotschaften, erzählt von seinem Leben in Links und ortet in Verlusten bei Schulpartys die ersten Vorboten der Finanzkrise. Erinnerung an den Mauerfall, Erkenntnisse zu Raucherlounges und die Erkenntnis, dass Apple als digitale DDR aktiv ist, gehören genauso dazu wie Erzählungen von Bundesjugendspielen, einem Sommerurlaub in Bordeaux und ein Silbermond-Verriss. „Parteien sind die Kleingartenvereine des 21. Jahrhunderts“ erklärt Schröder und geht kurz darauf dazu über zu beschreiben, wie man als Gefühlsvegetarier nur Tiere isst, die man hässlich findet. „Toleranz ist die Offenheit der Gleichgültigen“ gibt Schröder seinen Hörern mit. Erschienen ist das Hörbuch (ISBN 978-3-8671-7868-6) zum Preis von 17,99 Euro im Hörverlag. (SMC)