15. Jul. 2025

Hören

Die Körperhaltung beeinflusst die Stimmung. Das weiß Thorsten Havener aus eigener Erfahrung und nutzt vor seinen Auftritten Powerposen, um sich in Stimmung zu bringen. Statt mit hängenden Schultern und schlurfenden Schritten auf die Bühne zu kommen, nutzt Havener bewusst die Körpersprache des Erfolgs, um sich auf die Herausforderung eines Auftritts einzustimmen. Nach dem Grundsatz „Alle Macht kommt von Innen" sieht er darin für seine Zuhörer die Möglichkeit, ihr Leben zu beeinflussen und im Endeffekt besser zu leben. „Es gibt keine Grenzen", ruft er seinen Zuhörern zu und beschreibt, wie Körper und Gedanken eine Einheit bilden und zugleich Signale an andere und uns selbst senden.


Ein Blick auf den körperlichen Ausdruck helfe auch bei der Einschätzung anderer. Sowohl im Berufs- als auch im Privatleben seien große, ausladende Gesten ein Signal von Dominanz. Auch Raum zu beanspruchen und sich körperlich zu öffnen, sei wichtig, um wahrgenommen zu werden. Versuche, bei denen das Stresshormon Cortisol und Testosteron als Zeichen von Dominanz gemessen wurden, bestätigen diese Überlegung. Zugleich wurde festgestellt, dass Menschen, die sich für High Power entscheiden, risikobereiter sind und zugleich weniger Stress empfinden als andere. Thorsten Havener empfiehlt seinem Publikum deshalb Dominanzgesten wie das Hochreißen der Arme oder den Kopf in den Nacken zu legen, bewusst zu erlernen.


„Gesten unterstützen beim Denken“, erklärt Havener und empfiehlt auch die Mimik im Blick zu halten. Diese wird von 44 Muskeln im Gesicht fast automatisch generiert und ist daher schwerer zu beeinflussen als die Gestik. Doch zumindest bei ungeschulten Personen sind auch die meisten Gesten unbewusst, während mit Kleidung und Schmuck bewusst Akzente gesetzt werden. Dabei geht es um Zugehörigkeit, Besitz oder auch Unabhängigkeit. Wer diese Formen der Kommunikation wahrnimmt, kennt und ihre Bedeutung richtig einordnet, gewinnt wertvolle Zusatzinformationen. Bedeutsam wird es allerdings erst dann, wenn sich das Verhalten in einer Situation ändert. Der Kontext ist wichtig zur Einordnung.


Ein eigenes Kapitel beschäftigt sich mit dem Körperlesen beim Flirten. „Was mögen Frauen an Männern?“, ist eine oft gestellte und selten beantwortete Frage. Havener geht davon aus, dass große Bewegungen, ein breitbeiniger Stand und vorsichtiger Körperkontakt gefragt sind. Ob es im Einzelfall passt, kann Mann am Blick der Frau erkennen. Fühlt sich diese angesprochen, lädt diese mit Blick und Lächeln zu einem Gespräch ein. Im späteren Kontakt gilt das Zeigen der seitlichen Halspartie oder das wechselseitige Anfassen als wichtig. Später folgt dann im Idealfall eine Synchronisierung von Geschwindigkeit und Bewegungen. Erfolgt diese nicht automatisch, kann man versuchen, den anderen unauffällig zu spiegeln. Dabei sollte man zeitversetzt agieren oder ein anderes Körperteil nutzen und zum Beispiel am Arm statt am Knie spielen, um nicht entdeckt zu werden.


Wer einen Flirt beenden möchte, bekommt von Havener Tipps dies nonverbal zu tun. Wer Beine und Füße still hält, eine Tasche auf den Schoß stellt oder an der Kleidung fummelt signalisiert fehlendes Interesse. Auch schnelle Bewegungen bei der Frau wirken auf Männer abweisend. Kleine Episoden am Rande, wie dass manche Frauen sich einen besonders hässlichen Hund kaufen, um nach dem Kontrastprinzip neben diesem besser auszusehen, sorgen für Unterhaltung. In allen Bereichen des Lebens helfen die Tipps, große und offene Gesten zu machen, beim Sprechen eine Betonung ohne Unsicherheit zu zeigen und keinesfalls hilflos an die Decke zu gucken.


Wer andere Menschen beobachtet, kann auch unausgesprochene Hierarchien erkennen. Dabei geht es nicht nur um einen zielstrebigen Gang, sondern auch um die Frage, wer ein Gespräch eröffnet oder zusammenfasst. Während eines laufenden Gesprächs sind Führungskräfte oft daran zuerkennen, dass sie laut und bestimmt sprechen. Beim Delegieren zeigt sich ein Unterschied zwischen den Geschlechtern. Während Frauen mit offenen Gesten um die Übernahme von Aufgaben bitten, weisen Männer deutlich an und geben damit einen Befehl, der in der Regel befolgt wird. Im Showbusiness kann man mit einfachen Tricks klar stellen, wer führt. „Kommt, wir gehen hier rüber" nimmt der Zauberer seine Zuschauer ein paar Meter zur Seite und erteilt einem davon die Anweisung „Bitte nehmen Sie das Spiel und mischen sie es“. Schon ist klar, wer in diesem Kreis der „Anführer“ ist.


Im Berufsleben gibt es ein weiteres Indiz für Status. Wer kommen lässt, hat den größeren Status. Bei allem darf man natürlich nicht übertreiben und manchmal kann man zwar die Situation nicht ändern, aber die Einschätzung und damit verbunden die eigene Reaktion. Wer ein Meister dieses Faches werden möchte, braucht Übung. Aus der Musik hat Havener abgeleitet, dass 10.000 Stunden Übung zum Erfolg führen. Sein Hörbuch (ISBN 978-3-8445-1649-4), 14,99 Euro, erklärt in 78 Minuten die Grundlagen. (SMC)