15. Jul. 2025

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„Es gibt keine gesunden Menschen – nur Patienten, die noch nicht genug untersucht wurden“, sei die neue Philosophie mancher Ärzte. Doch dann geht von Hirschhausen auf sein Kernthema ein und berichtet über den Glaubenskrieg zwischen Schulmedizin und Alternativmedizin: „Wenn man was hat geht man zu den einen, wenn einem was fehlt geht man zu den anderen.“ Die früher in der Funktion des Medizinmanns vereinten Funktionen seien heute auf viele Berufe von Priester bis DJ und Eventmanager verteilt. Kein Wunder, dass da die ganzheitliche Sicht fehle.


Auch die Ökonomisierung des Gesundheitssystems fordere ihren Preis. Mehr Zuwendung und Aufmerksamkeit gäbe es für Selbstzahler beim schamanischen Heiler. Der sei zwar weniger mit der Diagnose beschäftigt, nehme sich aber Zeit für Fragen wie „An welchem Tag hast Du aufgehört….“ zur Lebensqualität. Mit Blick auf seine Jugend als Zauberer schlägt von Hirschhausen eine Brücke zwischen Medizin und Entertainment. So sei die erste Magenspiegelung von einem Schwertschlucker inspiriert gewesen. Von Hirschhausen zitiert verschiedene Studien zum Placebo-Effekt. So hat man festgestellt, dass bei manchen Patienten der Kopfschmerz verschwindet, bevor die Tablette überhaupt wirken konnte und der Wirkstoff im Körper aufgenommen wurde. Auch habe man gemessen, dass große Tabletten besser wirken als kleine und teure besser als günstige. Beliebt seien auch Zäpfchen. „Jeder soll die Zuwendung bekommen, die er braucht“, kommentiert von Hirschhausen das.


Dann berichtet er von verschiedenen Ärzten, an die er sich mit Knieschmerzen gewandt habe. Der erste habe von ihm verlangt abzunehmen. Der zweite habe ihm eine Allergie eingeredet und diese für viel Geld wieder gelöscht. Der dritte habe eine schädliche Operation vorgenommen und das Problem auch nicht gelöst. Dabei glaubte jeder fest an seine Methode. Auch der Milliardenmarkt Nahrungsergänzungsmittel lebt – so von Hirschhausen – vom Placeboeffekt. Die Vitamine C, A und E würden als Zusatz nicht gebraucht und würden den Urin im besten Fall zu Multivitaminsaft machen. Wirksamer sei da ein Lied wie „Heile, heile Gänschen“, bei dem Zuwendung und Hoffnung bereits eingebaut sind.

„Der Wert von Alternativmedizin hängt maßgeblich davon ab, ob man Alternativen hat“, so von Hirschhausen. Er berichtete, dass Blei und Quecksilber einst als Medikamente galten und mit der Verdünnung weniger Schaden entstand. So sei die Homöopathie entstanden. Von einem anderen Effekt würden Schul- und Alternativmediziner profitieren. Viele Krankheiten würden nach ein paar Tagen von alleine verschwinden. Arztbesuche am Montag und vermeintlich förderliche Mittelchen aus der Apotheke hätten also nach durchstandenem Wochenende die beste Wirkung. Zum Schluss gab von Hirschhausen dem Publikum den Rat mit auf den Weg, die eigenen Gedanken für sich und nicht gegen sich zu nutzen. Man könne durchaus auch einmal „Viel Glück und viel Segen auf all meinen Wegen“ singen. Erschienen ist das Hörbuch mit Bastelanleitung für ein Orakel (ISBN 978-3-8445-1113-0) im Hörverlag. (SMC)