Mit Ticketpreisen ab 89 Euro und einem reichen Angebot an Merchandising und Catering dürften die beiden Konzerte deutlich über zehn Millionen Euro Einnahmen generiert haben. Im Park De Nieuwe Koers – also unter freiem Himmel – gelang Band und Organisatoren das Kunststück eines perfekt organisierten Konzerts. Strahlender Sonnenschein und ein filmreifer Sonnenuntergang boten zudem eine wunderbare Kulisse für die Show.
Eigentlich spricht nur ein Teil der Belgier Deutsch – doch der Stimmung im bunt gemischten Publikum tat das keinen Abbruch. Wummernde Bässe, die Stimme von Till Lindemann und die gerade im zweiten Teil spektakuläre Inszenierung der „Europe Stadium Tour 2022“ begeisterten auch Fans, deren Textverständnis sich auf einzelne prägnante Wörter beschränkte. Gut angekommen ist auch das Angebot gegen Aufpreis besonders nah an der Bühne, im Golden Circle, zu stehen. Die sogenannte „Firezone“ – vielleicht weil man die Hitze der immer wieder auf der Bühne lodernden Flammen nicht nur sieht, sondern auch spürt, kostet 26 Euro Aufpreis – und bietet die Chance ganz vorne und direkt in der Mitte vor der Bühne zu stehen. Dass die Firezone ein relativ großer Bereich ist und eine Vielzahl von Karten verkauft wurden, gehört sicher zu den Marketinggeheimnissen der Rammstein-Vermarkter.
Anders als bei vielen anderen Konzerten gelang es bei diesen Konzerten durch eine Vielzahl von Verkaufsstellen, durch eine klare und hohe Beschilderung und durch den separaten Verkauf von „Essensmarken“ lange Schlangen zu vermeiden. Das ist wichtig, denn spätestens mit dem Auftritt der Vorband wollten die wenigsten Fans viel Zeit abseits der Bühne verbringen. Die Möglichkeit, schnell einzukaufen, passte genau zu diesem Anspruch und maximiert nebenbei die Catering-Umsätze. Wie üblich war auch bei diesen Konzerten das Mitbringen eigener Getränke verboten – mit Ausnahme von 0,5-Liter-Wasserflaschen ohne Deckel. Alles andere könnte als Wurfgeschoss genutzt werden und müsse deshalb draußen bleiben.
Wer sich darüber Gedanken gemacht hatte und die ein oder anderen düster gekleideten und muskelbepackten Fans in Verdacht hatte, wurde eines Besseren belehrt. Düstere Hünen in Rammstein-Shirts, ältere Herren in Hemd und Pullover und fröhlich tanzende junge Frauen verbrachten gemeinsam einen stimmungsvollen Abend ohne Rauferei und Konflikte.
Die Band bot eine solide Show mit 14 Liedern. Es folgten zwei Zugaben mit insgesamt sieben weiteren Titeln, sodass die Fans auf ihre Kosten kamen und sich später zufrieden auf den Heimweg machten. Der professionelle Aufritt kam ohne große Begrüßung oder warme Worte in Richtung der Fans aus. Lediglich ganz zum Schluss richtete Till Lindemann einige Worte an das Publikum. Neben vier Songs aus dem aktuellen Album „Zeit“ präsentierte die Band in Oostende auch einige beliebte Klassiker wie „Links 2-3-4“, „Mein Herz brennt“ oder „Engel“. Einer der optischen Höhepunkte der aktuellen Show war eine überdimensionale Konfettikanone, die die Fans in einen Sturm schwarz flirrender Papierstreifen hüllte. Ein anderer war die Fahrt der Bandmitglieder auf drei Schlauchbooten über die ausgestreckten Arme der Fans. Selbst das Stagediving lässt sich bei Rammstein anders inszenieren. Und natürlich durfte auch das Feuer nicht fehlen – ob beim Grillen eines überdimensionalen Feuertopfes mit immer stärkeren Flammenwerfern oder in Form von Feuerfontänen auf der Bühne und auf Masten im Publikum. Gerüchte, die aktuelle Tour könnte die letzte gewesen sein, wurden zur Freude der Fans durch Ankündigungen für 2023 zerstreut.
(SMC)