06. Feb. 2025

Reisen

Bei einer Expeditionskreuzfahrt mit HX (früher Hurtigruten Expeditions) kann man in 16 Tagen die schönsten Plätze in der weitläufigen Fjordlandschaft besuchen, Gletscher, Wale und das Leben der Menschen in Chile kennenlernen und dabei den Komfort eines modernen Kreuzfahrtschiffes genießen.

Einschiffen am Ende der Welt

Bis heute wetteifern das argentinische Ushuaia und das chilenische Puerto Williams um den Titel „südlichste Stadt der Welt“. Auf der Expeditionskreuzfahrt der MS Roald Amundsen werden sicherheitshalber beide angesteuert. Die Reise beginnt in Ushuaia, einer 80.000 Einwohner-Stadt, in der auch viele der traditionellen Antarktisexpeditionen von Entdeckern wie dem Norweger Roald Amundsen begannen. Hier weht meist ein frischer Wind, sodass sich im Beagle-Kanal neben Seelöwen auch zahlreiche Pinguine tummeln. Bei einem Ausflug in den Nationalpark Feuerland sieht man vor der Kulisse der Anden malerische Seen, vom Wind zerzauste Bäume und gelegentlich einige der im Park lebenden Wildpferde. Eine Attraktion für Touristen ist das Postamt am Ende der Welt, das nicht nur Postkarten, sondern auf Wunsch auch Reisepässe abstempelt. Puerto Williams liegt rein geografisch weiter südlich, ist mit 2.300 Einwohnern aber deutlich kleiner. Bei einer Wanderung durch den Ort gelangt man zum Yacht-Club, dessen Zentrum ein 1925 in Stettin gebautes Frachtschiff ist, das nun als Clubhaus und Anleger für Segelschiffe genutzt wird. An der Küste oberhalb des Beagle-Kanals sind noch einige Bunker und Geschütze zu sehen, mit denen Chile die Insel einst im Grenzkonflikt mit Argentinien verteidigen wollte.

Wildes Wetter am Kap Hoorn

Kap Hoorn hat nicht nur in Seefahrerkreisen einen besonderen Namen. Hier mussten einst alle Schiffe vorbei, die von der West- zur Ostküste des amerikanischen Kontinents wollten – und umgekehrt. Starke Winde und unberechenbare Strömungen am Treffpunkt des atlantischen und des pazifischen Ozeans machten das Meer um Kap Hoorn zum nassen Grab für mehr als 800 Schiffe und rund 10.000 Seemänner. Damit gilt das Seegebiet als der größte Schiffsfriedhof der Welt. Zum Gedenken an die Toten steht auf dem Felsen des Kap Hoorns eine Skulptur des chilenischen Künstlers José Balcells. Sie zeigt einen stilisierten Albatros, in dem der Legende nach die Seelen der verstorbenen Matrosen weiterleben. Auch bei unserer Ankunft zeigt sich das Wetter rund um das Kap von seiner wilden Seite. 40 Knoten Wind machen eine Anlandung mit den Zodiac-Schlauchbooten wie die meiste Zeit des Jahres über unmöglich. Kapitän Terje Willassen kreuzt eine Weile im Meer vor dem Kapp, dann geht unsere Reise weiter in Richtung Norden.

Den Gletschern ganz nah

Fast überall sind Gletscher in Zeiten des Klimawandels auf dem Rückzug. Eine der wenigen Ausnahmen ist der Pia-Gletscher in den chilenischen Fjorden, der wächst. Wie ein gigantischer Fluss aus Eis reicht der Gletscher von den umgebenden Bergen bis an das Wasser des Fjords. Die Abbruchkante ist fast hundert Meter hoch, was an sich schon beeindruckend ist. Mit den Zodiacs bringt uns das Expeditionsteam der MS Roald Amundsen auf eine Landzunge, von der aus wir den Gletscher bei strahlendem Sonnenschein betrachten können. Hin und wieder beginnt es im Gletscher zu knacken – und schon kurz darauf stürzen hausgroße Eisblöcke mit einem donnernden Grollen in den Fjord. Dort entsteht ein wenige Zentimeter hoher Mini-Tsunami, der den Wasserspiegel an beiden Seiten der Bucht für einen Moment ansteigen lässt. Anschließend bleibt noch Zeit für eine Schlauchbootfahrt weiter in den Fjord, der von einer ganz dünnen Eisschicht bedeckt ist, die unter dem Gewicht des Schlauchboots knisternd zerspringt.

Wilde Tiere im Torres del Paine Nationalpark

Nach einer Fahrt durch die nur 80 Meter breite Meerenge „White Narrows“ erreicht die MS Roald Amundsen das Städtchen Puerto Natales. Der bekannteste Botschafter der Stadt ist das prähistorische Milodón. Überreste des Riesenfaultiers wurden einst in einer 200 Meter tiefen Höhle nicht weit von der Stadt gefunden. Heute sind dem Milodón nicht nur Souvenirs und Denkmäler gewidmet, sondern auch einige Ampeln, deren Ampelmännchen wie das Riesenfaultier geformt sind. Doch auch die heutige Tierwelt hat einiges zu bieten. Bei einem Ausflug in den Nationalpark Torres del Paine sehen wir nicht nur Schafe und Rinder in der weitläufigen Graslandschaft, sondern auch Nandus. Die straußartigen Vögel sehen fast aus wie die Büsche in ihrer Umgebung, sodass sie gut getarnt sind. Gleich ins Auge fallen hingegen die Guanako-Herden. Die kleinen Kamele sind überraschend zutraulich und lassen sich von Besuchern nicht aus der Ruhe bringen. Ihr einziger Feind ist der Puma, den wir während des Ausflugs nur einmal kurz aus der Ferne sehen. Dafür kann man sich an der windzerklüfteten Gebirgslandschaft kaum sattsehen. Wie stark es hier weht, erfahren wir bei unserer Wanderung, bei der man fast das Gefühl hat, von den Windböen von den Füßen gerissen zu werden.

Eine Expedition hat viel zu bieten

Eine Expeditionskreuzfahrt mit der MS Roald Amundsen verbindet auf gelungene Weise Elemente einer klassischen Abenteuer-Expedition mit dem Komfort eines modernen Kreuzfahrtschiffs. Wanderungen, Schlauchbootfahrten und Landungen in einsamer Natur stehen genauso auf dem Programm wie Busausflüge zu den Top-Sehenswürdigkeiten des Landes. Das Schiff verfügt über gut ausgestattete Kabinen und Restaurants mit vielseitigem kulinarischen Angebot. Aus den beiden Whirlpools und einem Infinity-Pool am Heck des Schiffes kann man die Natur und den nächtlichen Sternenhimmel genießen. Mit an Bord ist auch eine Sauna mit Panoramafenstern, ein Fitnessraum und ein Wellnessangebot mit Massagen und anderen Anwendungen. Besonders hervorzuheben sind auf diesem Schiff das hoch qualifizierte Expeditionsteam aus Geologen, Historikern, Ökologen und vielen anderen Wissenschaftlern und die Ausstattung mit einem Wissenschaftsbereich, in dem die Gäste mit Mikroskopen arbeiten, Gesteins- und Wasserproben untersuchen und eine Menge über die Natur erfahren. Das umfangreiche Vortragsprogramm ist informativ und sensibilisiert für aktuelle Umweltthemen.

Vom Leben in kleinen Orten

Der wohl einsamste Ort des Landes, Puerto Edén, wird von der MS Roald Amundsen angesteuert. In dem früheren Fischerdorf, das sich an die steil abfallende Küste schmiegt, leben aktuell nur rund hundert Leute. Ihre Häuser sind mit hölzernen Stegen verbunden. Straßen gibt es keine. Und elektrischen Strom nur für wenige Stunden am Tag. Erreichbar ist die Stadt nur ein- oder zweimal pro Woche mit einer Fähre. Es ist interessant bei einer Führung mit einem der Einheimischen in diese Welt einzutauchen, mehr über das Dorf zu erfahren und den grün schimmernden Kolibris zuzusehen, die auf der Suche nach Nektar von Blüte zu Blüte fliegen. Schon deutlich belebter ist die Ortschaft Tortel, die wir an einem anderen Tag ansteuern. Hier ist alles größer – von der hier mit Laternen beleuchteten Holz-Promenade über den Empfang mit Tanzgruppe und Musik bis hin zur Einwohnerzahl. Einen schönen Blick auf den Ort hat man bei einer Wanderung auf den Hausberg. Diese führt über hölzerne Stege in die Berglandschaft. Der Blick auf einen Wasserfall und schließlich die Bucht belohnt für die Klettertour.

Südamerikanische Städte zum Abschied

Schon in Zeiten der spanischen Kolonialherrschaft war die an einem Fluss gelegene Stadt Valdivia von Bedeutung. Auf dem Weg vom offenen Meer hält unser Schiff in Niebla. Dort steigen wir um auf ein Ausflugsschiff, das uns flussaufwärts bringt. Da die Sonne scheint, verbringen die meisten Gäste die Fahrt auf den offenen Decks und werden dort mit lokalen Spezialitäten wie Ceviche, Fleischspießen und Empanadas versorgt. Rund um die Markthalle von Valdivia haben sich einige Seelöwen breit gemacht. Mit ihren mächtigen Körpern sind sie immer auf der Suche nach einem Stück Fisch und sind so zu einer echten Touristenattraktion geworden. Den Abschluss findet die Expeditionskreuzfahrt im Hafen von Valparaíso. Hier legten einst alle Schiffe vor der Umrundung des Kap Hoorns an, was der Stadt Reichtum brachte. Viele der historischen Gebäude auf den Hügeln, auf denen die Stadt steht, sind bis heute erhalten. Auch acht der einst 30 Standseilbahnen und Aufzüge sind bis heute aktiv. Beim Rundgang durch die Stadt entdeckt man gerade im Viertel Concepción ganze Straßenzüge, die mit Mosaiken und Wandmalereien gestaltet sind. So taucht man ein in die lebhafte Hafenstadt, in der südamerikanisches Flair mit allen Sinnen erlebbar ist.

(SMC)