23. Sep. 2023

Reisen

Yoga-Lehrerin Camila nimmt ihre Kursteilnehmer für eine halbe Stunde mit in eine andere Welt, in der Balance und Genuss, aber in erster Linie auch Entspannung im Mittelpunkt steht. Ihr Yoga-Kurs findet nicht auf festem Boden statt, sondern auf bis zu acht SUP-Boards, die an einer zentralen Plattform mitten im Wasser befestigt werden. Ganz nach dem eigenen Geschmack kann man sich dort sanft dehnen oder auch die eigene Balance ausprobieren. Mit sanfter Stimme führt die Argentinierin durch das Programm und sorgt für die Gäste so für einen entspannten Start in den Tag. Anschließend bleibt noch Zeit, um eine kleine Runde mit den Boards zu drehen – gleichermaßen ein Vergnügen für Anfänger und Fortgeschrittene. Schließlich geht es wieder zurück an Land wo Camila und die anderen Teammitglieder des Unternehmens “Wet4Fun” die Boards entgegen nehmen.

Die spanische Insel Formentera ist außerhalb der trubeligen Hauptsaison ein Geheimtipp. Während die meisten Gäste außerhalb der Saison auf direkt mit dem Flugzeug erreichbaren Inseln wie Mallorca oder Ibiza bleiben, bietet Formentera viel Platz, um den Reichtum der Natur zu genießen und sich von der Landschaft verzaubern zu lassen. Der Weg nach Formentera führt über den Flughafen Ibiza, der regelmäßig von Deutschland aus angesteuert wird. Von dort ist es nicht weit zum Hafen, wo die Fähren von Trasmapi regelmäßig nach Formentera starten. Auch wenn die Inseln nur gut drei Kilometer Luftlinie auseinander liegen, sind die Fähren 22 km unterwegs und brauchen für die Überfahrt rund eine halbe Stunde. Bei glatter See merkt man in den modernen Schiffen kaum, dass man auf dem Meer ist. Wenn der Wind die Wellen höher werden lässt, wird es auf den kleineren Schiffen etwas turbulenter. “Wie eine Fahrt mit der Achterbahn” kommt einer Mitreisenden das Auf und Ab in den Wellen vor. Doch so stark sind die Wellen nur auf einem kleinen Stück des Weges zwischen den beiden Inseln, sodass auch wenig seefeste Urlauber sich unbesorgt nach Formentera wagen können.

Auf der Insel gibt es eine Menge zu entdecken, sodass man gut beraten ist, sich zumindest für einen Teil des Aufenthalts einen Mietwagen zu sichern. Um auch in kleinen Gassen und bei der Parkplatzsuche entspannt zu bleiben, ist ein Kleinwagen die beste Wahl. Mit dem gelangt man zum Beispiel zum Parkplatz des Barbaria-Leuchtturms im Südwesten der Insel. Von dort aus führt ein entspannter Spaziergang von 1.700 m durch eine wüstenähnliche Landschaft nicht nur zum Leuchtturm, sondern auch zum in der Nähe gelegenen Torre des Garoveret. Dieser ist einer von vier Verteidigungstürmen aus dem 18. Jahrhundert entlang der Küste. Von diesen aus hatten die Turmbesatzungen die Küste im Blick und konnten die Bevölkerung rechtzeitig warnen, wenn feindliche Schiffe in Sicht kamen. Wer abenteuerlustig ist, kann neben dem Leuchtturm über eine Leiter in eine Höhle hinabsteigen und unterirdisch bis zur steil abfallenden Küste gelangen. Dort ist ein schöner Platz, um den Sonnenuntergang zu genießen – und vielleicht sogar der Musik zu lauschen, die lokale Musiker in der besonderen Akustik der Höhle zum Besten geben. Wer die gesamte Insel entdecken möchte, sollte sich auch den oberhalb einer 120 m hohen Steilküste erbauten Leuchturm von Mola und die anderen auf der Insel verstreuten Türme anschauen. Alternativ zum Auto kann man die Sehenswürdigkeiten der Insel über das Netz der 32 Grünen Routen auch mit dem Fahrrad oder zu Fuß erkunden. Das gut ausgeschilderte Wegenetz verbindet die verschiedenen Teile der Insel. Die Wege selbst verlaufen über kleine Straßen, klassische Wanderwege und manchmal auch ein Stück querfeldein.

Die Insel hat eine Küstenlinie von 66 km – bestehend aus Felsen, Steilküste und immer wieder auch Stränden. Ein besonders schöner Strandabschnitt ist der “Caló des Mort”. Nach einem Fußweg zur Küste und einem von einem Seil unterstützten Abstieg findet man dort eine kleine Bucht und einige alte Bootsschuppen. Wie an vielen Orten auf der Insel verfügen diese über zum Meer führende Holzschienen, über die die Fischerboote zum Schutz vor Regen und Sonne in den Schuppen gezogen werden und wieder zurück ins Wasser gleiten. In diesem malerischen Ambiente kann man schwimmen, schnorcheln oder einfach in der Sonne liegen. Wer die Kalksteinküste entlang schwimmt, kommt zu den benachbarten Stränden. Unter Wasser stößt man auf eine lebendige Welt aus Mönchsfischen, Brassen und vielen anderen glitzernden Fischen. Auch Möwen und Kormorane haben die Bucht als ihren Lebensraum entdeckt und lassen sich auch von den Urlaubern nicht aus der Ruhe bringen.

Entspannung und Genuss findet man auch in der örtlichen Gastronomie. Im Zentrum des Ortes Pujols liegt das Fischrestaurant “Capri”. Wer den langen Laubengang zum Restaurant entlang geht, stößt als erstes auf eine gut gefüllte Fischtheke und wird dann herzlich an einen Tisch gebeten. Die Kellner sprechen Englisch – und zum Teil auch Deutsch – und begeistern mit regionalen Fischgerichten. Ein frischer Salat mit Trockenfisch, genannt Ensalada Oagesa,   steht genauso auf der Karte wie Tintenfische stilgerecht serviert in der eigenen Tinte. Ein Highlight ist die gemischte Fischplatte – an diesem Abend unter anderem mit Brasse, Wolfsbarsch und Rochen. Dazu gibt es regionalen Likör – Hierbas von der Nachbarinsel Ibiza und den etwas dunkleren Frigola mit Thymian-Note, der traditionell auf Formentera getrunken wird.

Wer zu seinem Abendessen regionalen Wein bestellt, bekommt wahrscheinlich einen Wein vom Weingut Terramoll. Auch wenn den ersten Wein schon im 13. Jahrhundert drei Mönche auf der Insel angebaut haben sollen, ist das Weingut vergleichsweise jung. Im Jahr 2000 begann man mit dem Weinbau und verfügt aktuell über 13,5 ha Anbaufläche. Von Mai bis September bietet das Weingut regelmäßig Führungen mit Weinverkostung an und öffnet einige der jährlich 20.000 Flaschen gleich neben den Rebstöcken (22 Euro inkl. Snack). Enologe Jose Abalde Pintos ist für den Wein verantwortlich und setzt nicht nur auf leichten Weißwein wie den “Savina” und Rose mit dem klangvollen Namen “Rose de Mar”, sondern auch auf verschiedene intensivere Rotweine wie “Es Virot” oder “Es Monestir” und einen köstlichen Süßwein. Eine Besonderheit vieler Weine auf der Insel ist, dass die Weinstöcke auf ihren eigenen Wurzeln wachsen und nicht wie in weiten Teilen Europas auf amerikanischen Wurzeln, die gegen die Reblaus resistent sind. Aufgrund der abgeschiedenen Lage der Insel ist die Reblaus auf Formentera nie ein Problem gewesen.

Das Angebot an Unterkünften auf der Insel ist vielfältig und reicht vom privat vermieteten Zimmer über einzelne Hotelanlagen bis hin zu Boutique-Hotels. Im Zentrum von La Savina, nicht weit vom Fähranleger entfernt, hat das frisch renovierte “Can Micalet” eröffnet. 16 modern ausgestattete Apartments liegen auf zwei Etagen rund um einen erfrischenden Pool. Die großzügig geschnittenen Räume eignen sich auch für einen längeren Aufenthalt. Gut ausgestattete Küchen lassen den Gästen die Wahl auszugehen oder selbst zu kochen. Rund um den Pool stehen bequeme Stühle und Liegen, sodass man es sich in der kleinen Anlage gut gehen lassen kann. In unmittelbarer Nähe gibt es einen gut sortierten Supermarkt und eine Reihe von Restaurants. Das Hostal la Savina gleich auf der anderen Straßenseite bietet ein abwechslungsreiches Frühstücksbuffet mit Blick auf die Lagune “Estany des Peix” im Inselinneren an. Gleich vor der Terrasse liegen unzählige farbenfrohe Boote vor Anker – am kleinen Strand sind in erster Linie Silbermöwen zu sehen. Abends verwandelt sich die Frühstücksterrasse in das Restaurant “Quimera”. Flackernde Kerzen und stilvolle Dekoration sorgen für das passende Ambiete – zum Beispiel für ein mehrgängiges Menü. Eine Vorspeise aus frischen und getrockneten Feigen mit Ziegenkäseschaum gelingt der Küche genau wie kleine Brote mit Fisch bzw. Tintenfisch. Und auch ein ganzer Teller mit verschieden großen Tintenfischen ist ein Gedicht. Diese sind zart und schmecken nur ganz leicht nach Fisch. Doch im “Quimera” kann man auch andere Gerichte kosten. Fleisch und Fisch gelingen den Köchen hervorragend und kommen liebevoll dekoriert an den Tisch. Ein passender Nachtisch darf da natürlich nicht fehlen. Wer im Oktober auf der Insel zu Gast ist, kann das Restaurant im Rahmen der gastronomischen Wochenenden besuchen.

Wer Urlaub auf einer Insel macht, sollte auch ins Wasser gehen. Die Gelegenheit dazu bietet das Unternehmen “Formentera Divers” in La Savina. Während das Wasser in der Hauptsaison gerne eine Temperatur von 30 Grad erreicht, kühlt es zum Saisonende langsam ab. Um auch bei 24 Grad – Anfang Oktober – ins Wasser zu gehen, stattet das Unternehmen seine Gäste mit Wetsuits aus. Dann geht es mit dem Boot zu interessanten Tauch- und Schnorchelspots wie dem “S`Arc”. Wer hier schnorchelt, entdeckt unter Wasser zwei verschieden große Felsbögen, in denen sich hunderte Fische tummeln. Während unter uns eine Gruppe Taucher durch die Bögen schwimmt, schauen wir uns die Unterwasserwelt von oben an. Die unter uns aufsteigenden Luftblasen der Taucher sehen nicht nur interessant aus, sondern zerplatzen bei Berührung auch mit einem Prickeln auf der Haut. Je nach Wassertiefe sind auch Posidonia-Wiesen zu sehen. Dieses Seegras ist wichtig für die Versorgung des Meeres mit Sauerstoff. Es filtert das Wasser und bremst die Kraft der Wellen. Rund um die Insel gibt es rund 700 Quadratkilometer  - und das seit rund 100.000 Jahren. Nach rund einer Stunde geht es wieder zurück zum Hafen von La Savina.

Regionale Köstlichkeiten gibt es auch im “Café del Lago” in La Savina. Mit Blick auf die Lagune gibt es auch in diesem Restaurant ein empfehlenswertes Menü. Dazu schmeckt der süße alkoholfreie Cocktail “Virgin Apple” aus Apfelsaft, Maracuja und einigen anderen Zutaten sehr gut. Als Vorspeise kann man sich je nach Jahreszeit auf frische Miesmuscheln freuen. Brot mit Tintenfisch, gefüllte Pasta und schließlich ein geeistes Dessert mit Ziegenkäsecremé und süßen Keksen runden das Geschmackserlebnis ab. Ein etwas rustikaleres Abendessen gibt es im Restaurant Can Toni in el Pilar de la Mola. Dort kann man mittwochs und sonntags von 16 bis 22 Uhr eine Runde über den alternativen Kunsthandwerkermarkt von Mola drehen, der Live-Musik lauschen und sich dann den zahlreichen Einheimischen anschließen, die das Can Toni besuchen. Manche spielen im Innenraum Billiard, andere trinken einfach ein Bier und wieder andere bringen die Zeit mit, um zu Abend zu essen. Köstlich sind die frisch zubereiteten Kroketten. Die Gemüsepfanne wird mit einem lautstarken “Gemüse” auf den Tisch befördert – ist jedoch authentisch und gelungen. Auch der Seeteufel mit Kartoffeln und das Dessert können sich sehen lassen. Lediglich das Fleischgericht mit hausgemachten Pommes bleibt deutlich unter den Erwartungen. Wer lieber mittags als abends isst, hat auf Formentera ebenfalls zahlreiche Möglichkeiten. Gut und günstig ist das Restaurant La Estrella in Sant Francesc. Dort gibt es Vorspeise, Hauptgang und Dessert für 13 Euro (16 Euro am Wochenende). Durch die zentrale Lage in der Fußgängerzone kann man vor und nach dem Essen die reizvollen Geschäfte in der Nachbarschaft entdecken.

Wer lieber auf Strandtour geht, kann das Mittagessen im Restaurant Dunas Playa in Migjorn genießen. Das Restaurant, das am Wochenende als einzige Option ein Mittagsmenü anbietet, liegt oberhalb des wunderschönen Strandes. Es verfügt über einen eigenen Pool – und Sonnenbetten, von denen man den Blick auf die unterhalb liegende Küste genießen kann. Doch nicht nur die Strände im Osten der Insel sind lohnend und reizvoll. Von La Savina aus kann man eine entspannte Wanderung in Richtung der Landzunge “Es Trucadors” machen. Auf dem Weg kommt man unter anderem zu den schönen Sandstränden von Illetes an der Westseite und Llevant an der Ostseite. Da das Meer an beiden Seiten an die Landzunge grenzt, hat man je nach Windrichtung meist die Möglichkeit, eine windstille Seite ohne große Wellen zum Baden auszuwählen. Die reizvolle Landschaft, die Möglichkeit auch am Rand der Saison noch ein erfrischendes Bad zu nehmen und das vielfältige gastronomische Angebot machen Formentera außerhalb der Hauptsaison zu einem Geheimtipp. Wer an anderen Orten Massentourismus erlebt hat, für den steht auf Formentera die Welt Kopf – denn hier gibt es noch ruhige Buchten, entspannte Menschen und freie Tische in den Restaurants.

(SMC)