Nur noch rund 300 der seltenen Auerhühner leben im Schwarzwald. Um der seltenen und für die Region einst typischen Tierart eine bessere Überlebenschance zu geben, brauchen die Tiere neben einzelnen Bäumen auch offene Flächen, auf denen sie leben können. Doch Luftaufnahmen zeigen eindrucksvoll – der Wald wächst im Schwarzwald und die für die Auerhühner wichtigen offenen Flächen werden von Jahr zu Jahr kleiner. Unter dem Label „Voluntourismus“ können Gäste der Region sich seit kurzem für die Umwelt in ihrem Urlaub engagieren. Die Teilnahme ist kostenfrei – und sogar ein kleiner Imbiss in Bioqualität wird gereicht, wenn man sich für die Natur engagiert. Die Projekte sind vielfältig und abwechslungsreich. Bei einem im Naturschutzgebiet Feldberg geht es um das Auerwild.
Axt, Beil und Säge sind die Werkzeuge für alle, die dem Auerwild einen Platz geben möchten. In einer kleinen Gruppe geht es in den Wald. Nach einigen Metern kommen wir auf grünen, federnden Boden. Birken, Kiefern und andere Bäume haben begonnen, die Fläche zu erobern. Diese werden im Rahmen des Projekts von den Freiwilligen abgesägt. Zunächst zeigt der Förster, wie man es macht. Mit der Axt entfernt er zunächst die Äste im unteren Teil des Baumes. Dann sägt er knapp über dem Boden ein Dreieck aus dem Stamm. In diese Richtung soll der Baum später fallen. Anschließend sägt er aus der anderen Richtung, bis der Baum zu Boden geht. Genau so machen es die Freiwilligen in den nächsten Stunden und erobern das Moor Stück für Stück für das Auerhuhn zurück. Die gefällten Stämme werden in den nahegelegenen Wald gezogen.
Um Nachhaltigkeit geht es auch im Nationalparkzentrum Ruhestein, dass im Juni 2021 eröffnet wurde. Für rund 35 Millionen Euro wurde ein markantes Gebäude errichtet, dessen verschiedene Gebäuderiegel wie vom Sturm gefällte Baumstämme übereinander liegen. Im Gebäude befindet sich nicht nur ein Bildungszentrum, das im Jahr rund 300 Veranstaltungen anbietet, sondern auch eine 1.000 m² große Dauerausstellung über den Wald und seine Bewohner. Wer die Ausstellung gesehen hat, kann sich den Wald von einem 65 Meter langen Skywalk anschauen oder den 34 Meter hohen Aussichtsturm für einen Rundumblick in den Nationalpark Schwarzwald nutzen. Der ist aktuell rund 10.000 Hektar groß und soll in Zukunft erweitert werden.
Nachhaltigkeit besteht manchmal auch aus kleinen Schritten. Von Bad Liebenzell aus geht es mit dem Fahrrad entlang des kleinen Flusses Nagold und dann ein Stück den Berg hinauf nach Unterreichenbach. „Wir haben die Geschichte überzogen, wenn wir wegwerfen, was produziert wird“, mahnt der Bäcker. Er bietet in der Backstube neben dem Restaurant Kapfenhardter Mühle Backkurse an, bei denen nach traditionellem Rezept Bauernbrot gebacken wird. Mehl, Salz, Wasser und Hefe sind die einzigen Zutaten für den Teig. Bei den Kursen erfahren die Teilnehmer nicht nur, wie sie ihr eigenes schmackhaftes Brot backen, sondern bekommen auch einen anderen Bezug zu Lebensmitteln. 2,5 Stunden muss man den Teig gehen lassen. 60-70 Minuten ist er im Backofen. Dazwischen muss man den Teig „würgen“. Er muss so lange geknetet werden, bis keine Luft mehr im Teig ist, die später für Löcher im fertigen Brot sorgen würde. Wer sich einmal die Mühe gemacht hat, sein eigenes Brot zu backen, wird viel achtsamer mit Lebensmitteln umgehen.
Nachhaltigkeit zum Prinzip gemacht hat auch das Hotel Schwarzwald Panorama in Bad Herrenalb. Rund 250 verschiedene Maßnahmen für mehr Nachhaltigkeit hat das Hotel auf den Weg gebracht. Stephanie Schießl, zuständig für das Themenfeld Entwicklung Nachhaltiges Bewusstsein, ist überzeugt, dass Nachhaltigkeit die Zukunftsfähigkeit sichert. „Ich gehe den Leuten mit Nachhaltigkeit ganz schön auf den Sack“, schmunzelt sie. Das Tagungs- und Urlaubshotel hat die CO2-Belastung pro Übernachtung in den letzten Jahren durch eine Fülle von Maßnahmen fast halbiert. Durch Kompensation ist man schon heute ein klimaneutraler Gastgeber. Nachhaltigkeit bedeutet für die Hotelgäste keinen Verzicht. Für Hotel-Inhaber Stephan Bode bedeutet der Eco-Shift hin zu Nachhaltigkeit nicht nur einen Imagegewinn, sondern auch ein gutes Argument bei der Gewinnung neuer Mitarbeiter und Gäste. Die reisen nicht nur mit einem guten Gefühl nach Bad Herrenalb, sondern genießen im hoteleigenen Restaurant „La Vie“ Gerichte, deren Zutaten fast komplett Bio-Qualität haben. „Die Herausforderung ist der Mensch. Nachhaltigkeit muss man in den Alltag übersetzen. Es lohnt sich - aber es ist auch ein Kraftakt“, weiß Stephanie Schießl und lädt ein, auch den Naschgarten kennenzulernen, in dem nicht nur die Köche, sondern auch die Gäste des Hotels ernten dürfen.
Wer in den Schwarzwald fährt, macht in der Regel gerne Waldspaziergänge. Wer dabei mehr über den Wald, die Umwelt und das Leben im Schwarzwald erfahren möchte, geht mit einem der offiziellen Schwarzwaldguides auf Tour. Eine davon ist Monika Suur. Bei der Tour durch den Wald bei Schömberg zeigt sie nicht nur die in dieser Region häufigen Weißtannen mit ihren kantigen Spitzen, sondern auch woran man erkennt, ob es dem Wald gut geht oder nicht. Nach dem jüngsten Waldzustandsbericht für Baden-Württemberg sind nur bei 21 Prozent aller Bäume die Kronen im Bestzustand. Mit mehr Nähe zur Natur und mit eigenen positiven Walderlebnissen möchte Suur ihre Gäste für den Wald und seinen Wert für die Natur und die Menschen sensibilisieren. Mitmachaufgaben, bei denen anhand des Durchmessers von Bäumen ihr Alter bestimmt wird und andere Entdeckungen geben zusätzliche Impulse. Seit wenigen Monaten steht in Schömberg Deutschlands höchster Aussichtsturm in Holzbauweise. Der Aussichtsturm Himmelsglück bietet nicht nur einen spektakulären Blick über den Schwarzwald, sondern mit der Black Forest Fly-Line und dem Black Forest Flying Fox auch zwei neue Attraktionen. An der Flyline gleitet man vom Aussichtsturm mit 10 km/h an einer Schiene rund 500 Meter lang mit gemütlichen 10 km/h hinab. Deutlich rasanter ist der Flying Fox, an dem man mit dem Kopf voraus 600 Meter hinabrast. Traumkulisse für beide Attraktionen ist die Natur des Schwarzwalds.
Kraftvoll, echt und urtümlich ist der Wald in weiten Teilen des Schwarzwalds. Damit er das auch in Zukunft bleibt, sollten Anbieter und Urlauber bewusst entscheiden, wie sie ihren Urlaub nachhaltiger gestalten können. Anreise, Unterkunft und auch die Aktivitäten vor Ort entscheiden über die Frage, ob die Natur, die wir im Urlaub suchen, auch in Zukunft überlebt. Die Idee von Nachhaltigkeit alleine ist wertlos – es kommt auf die Umsetzung an. Im Schwarzwald haben sich eine ganze Reihe von Menschen auf den Weg gemacht, einen nachhaltigeren Urlaub für ihre Gäste möglich zu machen.
(SMC)